Hach, bin ich zufrieden. 😊
Ich habe genäht und etwas Brauchbares zustande bekommen. Zugegeben ist das kein Kunststück, doch ich habe das erste Mal seit DDR-Zeiten eine Hose für mich genäht. Früher war das Nähen gewissermaßen die einzige Chance, einigermaßen modisch im real existierenden Sozialismus gekleidet zu sein. Nein, ich bin bestimmt keine sehr modebewusste Person, doch ich habe gewisse Vorstellungen von meiner Kleidung und die hätte ich dann auch gern umgesetzt.
Genau so erging es mir - es ist kaum zu fassen - mit dem Erwerb einer muckeligen Jogginghose für zuhause. Etwas Wärmeres für die Winterzeit, kein enges Bein, keine Baby- oder Frauchen-Farben, kein zu enges Bündchen. Klingt gar nicht so schwer, aber finde das mal. Nachdem ich den gesamten Ruhrpark durchsucht hatte, entsprach ein Exemplar tatsächlich tatsächlich meinen Vorstellungen. Bis auf eines. Den Preis. Danach hatte ich fertig, bestellte kurzerhand French Terry samt Gummilitze und wartete auf Zeit.
Zeit kam vergangene Woche. Ich hatte Urlaub und konnte mich stundenlang mit dem Projekt Jogginghose befassen.
1. Erstellen eines Schnittes. Um auf Nummer sicher zu gehen, kaufte ich ein schnelles, elektronisches Schnittmuster namens Chris von Fadenkäfer. Ausdrucken, ausschneiden, zusammenkleben und wieder ausschneiden ist zeitaufwändig und nervt. Ok, wenn man gern mit Papier bastelt und Puzzeln liebt, soll's eventuell vergnüglich sein. 👎
2. Zuschnitt der Stoffbahn. Kein Problem und zügig erledigt. 👍
3. Nähmaschinen einsatzbereit machen. Das kostete mich tatsächlich noch einmal reichlich Zeit. Die Overlock musste ich neu einfädeln, da sich ein Faden sträubte, seinen Weg über normales Nähen zu nehmen. Bevor etwas zerstört wurde, habe ich den abgeschnitten und komplett neu eingefädelt. Für einen Linkshänder ist es ordentlich fummelig, in eine Richtung zu fädeln, die offensichtlich für Rechtshänder geeigneter ist. Aber egal, auch das war irgendwann geschafft. Danach machte ich die neue Heavy Duty startklar - ABER welche Nadel war denn nun am besten für den Stoff geeignet?
Ich hatte mir für alle möglichen Stoffarten Nadeln besorgt, doch die Bedeutung der verschiedenen Stärken machte meine Verwirrung komplett. Also suchte ich Erleuchtung über die Suchmaschine im WWW und entschied mich relativ unsicher für eine Jersey-Nadel der Größe 80 nochwas. Auf Empfehlung einer Näherin hatte ich mir im Vorfeld eine Spule Mettler Seraflex-Garn zum Stoff dazu bestellt, das besonders gut für elastische Stoffe geeignet sein sollte. Irgendwann hatte ich alles zurecht gefummelt und es konnte nach gefühlt drei Stunden endlich los gehen. 👎🙌
4. Nähen. Schritt für Schritt oder auch Naht für Naht fügte sich ein Stück Stoff zum nächsten. Am Anfang war es etwas kleinschrittig, was an den Taschen lag, aber mir machte es zunehmend Spaß. Das Nähen selbst ging mit beiden Maschinen leicht von der Hand, obwohl ich bei einer Steppnaht tatsächlich die neue Zwillingsnadel zerlegt hatte. Ich weiß nicht einmal, woran es lag. Vielleicht war ich zu schnell. Immerin hat sie eine Lauflänge von etwa 40 cm geschafft.
Der French Terry glitt ohne jegliche Allüren unter den Nähfuß und kam sauber vernäht hinten heraus. Die Kombination von Overlock- und Haushaltsnähmaschine bei der Verarbeitung von Jersey ist natürlich ideal, da man von vorn herein weiß, dass die Nähte halten und elastisch sind. Fingerspitzengefühl war noch einmal bei den Bündchen nötig. Der Hosenbund erhielt eine sichere Verbindung zum Gummi, damit sich der nicht irgendwann im Bund verdreht. Das kann ich nicht leiden. Das Einschlagen der Beinbündchen war wegen der dabei notwendigen Dehnung des Jerseys und des Gummibandes eine größere Herausforderung als das anschließende Nähen, aber ich erhielt dabei Hilfe von meiner Frau. 👍
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Overlocknaht an den Taschenbeuteln
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Tascheneingriff mit geglückter Steppnaht der Zwillingsnadel
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Halbwegs geglückte Aufnahme der fertigen Hose
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Fazit: French Terry lässt sich super verarbeiten; Exponat ist gelungen; Zeitaufwand war immens.
Ich hätte gern noch eine Sommerbluse in Arbeit genommen, aber es nervte schon, als das Wohnzimmer tagelang wie eine Nähstube aussah. Zudem lagen noch zwei, drei Strickprojekte in der Gegend herum, die so kurz 👌vor der Vollendung standen. Also wurde das weitere Nähen verschoben. (Man sollte für öfteres Nähen einfach einen steten und ausreichend großen Platz zur Verfügung haben, an dem Nähmaschinen immer einsatzbereit sind.)